Brain Moore‘s Roman „Katholiken“: Postkonziliare Auseinandersetzung mit der überlieferten Messe der Westkirche

Cover: Katholiken von Brain Moore
“Wir haben nichts getan um das alles in Gang zu bringen; haben einfach drüben in Cahirciveen weiter die Messe gefeiert, wie sie immer gefeiert wurde und wie wir sie immer gefeiert haben und wie wir unterwiesen wurden, sie zu feiern. Die Messe auf lateinisch, wobei der Priester der Gemeinde den Rücken kehrte, weil er und die Gemeinde beide den Altar anblickten, wo Gott ist. Brachten Gott das tägliche Opfer der Messe dar. Verwandelten Brot und Wein in Leib und Blut Jesu Christi, wie Jesus es seinen Jüngern beim Letzten Abendmahl gebot, das sie’s tun sollten. ‘Das ist mein Leib und das ist mein Blut. Solches tut zu meinem Gedächtnis!’ Gott hat seinen Sohn gesandt uns zu erlösen.
Sein Sohn kam in die Welt und wurde für unsere Sünden gekreuzigt, und die Messe ist die Gedächtnisfeier jener Kreuzigung, jenes Opfers vom Leib und Blut Jesu Christi für unsere Sünden. Der Priester und die Leute beten zu Gott und nehmen an einem Wunder teil, bei dem Jesus Christus wiederkommt und unter uns ist: Leib und Blut in Form von Brot und Wein auf dem Altar. Und die Messe wurde auf lateinisch gefeiert, weil Latein die Sprache der Kirche ist, und die Kirche war die eine weltumfassende, und ein Katholik konnte in jede Kirche der ganzen Welt gehen, hier oder in Timbuktu oder in China, und die gleichje Messe hören, die einzige Messe, die es gab, die lateinische Messe. Und wenn die Messe lateinisch war und die Leute nicht lateinisch sprachen, so war das eben ein Teil des Geheimnisses, denn die Messe war kein Gespräch mit unserem Nachbarn, sie war ein Gespräch mit Gott. Mit dem allmächtigen Gott! Und so haben wir’s getan seit fast zweitausend Jahren, und in der ganzen Zeit war die Kirche ein Ort, in dem man still und ehrerbietig war, es war ein Ort der Stille, weil Gott dort war, Gott auf dem Altar, im Tabernakel in Form von einer Brot-Oblate und einem Kelch mit Wein. Es war Gottes Haus, in dem sich jeden Tag das tägliche Wunder ereignete. Gott, der zu uns herniederkommt. Ein Mysterium. Wie diese neue Messe kein Mysterium ist, sondern eine Farce und ein Lallen, kein Gespräch mit Gott, sondern mit dem Nachbarn, und deshalb ist sie englisch oder deutsch oder chinesisch, oder was immer für eine Sprache die Leute in der Kirche zufällig sprechen. Sie ist eine Theateraufführung, das ist sie. Und die Leute durchschauen es.”
(Aus: Brain Moore: Katholiken. Roman Diogenes. S. 50/51.
Die Katholiken von Brain Moore ist ein fiktiver Roman aus dem Jahr 1972, geschrieben also zur Zeit der sogenannten römischen Liturgiereform. Die Handlung spielt im Jahr 2000. Mittelweile hat ein 4. Vatikanisches Konzil stattgefunden. Die Glaubensinhalte werden inzwischen von einem gemeinsamen Ökumenischen Rat der Kirchen bestimmt, die Messfeier hat weitgehend nur noch eine symbolische Bedeutung. Protestantismus und Katholizismus haben sich angeglichen. Ein Worst-Case Szenario für jeden traditionsorientierten Katholiken. Nur in einem kleinen Kloster an der Westküste Irlands feiern die Mönche noch die alte überlieferte Messe und haben damit weltweite Aufmerksamkeit erlangt. In dieser Situation schickt der Generalobere des Ordens seinen Emissär nach in das Kloster, damit dieser die Mönche auf modernistische Linie bringt.)
In der Realität hat es, glücklicherweise muss man wohl sagen, zwar kein Viertes Vatikanisches Konzil gegeben, aber die 1969 durchgeführte Messreform hat der Kirche und dem Glaubensleben erheblichen Schaden zugefügt. Die Ende des 19. Jahrhunderts entstandene liturgische Bewegung wollte eine stärker auf das Gottesvolk ausgerichtete liturgische Orientierung geben. Herausgekommen ist dabei indes an vielen Stellen eine Profanisierung des Ritus und bekanntlich eine Polarisierung in der Kirche, die bis heute nachwirkt und spaltet.

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