Warum Erlösung, Tod am Kreuz und Auferstehung untrennbar zusammengehören!
Das Kreuz ist schon kurz nach Tod und Auferstehung von Jesus Christus zum wirkmächtigsten Symbol für das Christentum geworden. Und das Kreuz und damit Christi Kreuzestod haben seit Anbeginn des Christentums den größten Widerspruch, die größten Feindseligkeiten und den größten Spott geerntet.
Ohne den qualvollen Tod Jesu am Kreuz, sein Sterben und seine Auferstehung, gäbe es das Christentum (vermutlich) nicht, und das wäre dann auch nicht weiter tragisch, denn das Christentum bezieht seine ganze Kraft und Wahrheit aus dem Erlösungswerk Christi, aus dem Kreuz. Wer also das Christentum in seinem Kern angreifen will, der greift das Kreuz an.
Angriffe auf das Kreuz
Für die Muslime ist es geradezu „gotteslästerlich“, dass Gottes Sohn am Kreuz hingerichtet worden sein soll. Für Muslime ist Christus ein Prophet, dessen gewaltsamer Tod durch die Hand seiner vermeintlichen Feinde als Niederlage zu betrachten wäre, als Schwäche. Gott ist aber nicht schwach, sondern stark. Dementsprechend sagt der Islam, dass es nur so scheine, als sei Christus gekreuzigt worden. In Sure 4 des Korans heißt es: „… Sie haben ihn nicht getötet und nicht gekreuzigt, sondern es erschien ihnen nur so.“ Eine geschickte Täuschung gewissermaßen. In Wahrheit habe ein anderer, ein Double quasi, den Tod erlitten und Jesus selbst sei von Gott gerettet worden. Teilweise wird angenommen, man habe Judas, den Verräter und Sünder, anstelle von Jesus gekreuzigt.
Auch von anderer Seite wird das Kreuz infrage gestellt. So etwa in der von der Kirche verworfenen gnostischen Lehre. Abgeleitet aus den Apokryphen wird etwa die Auffassung vertreten, dass der göttliche Christus nicht leiden und sterben könne. Hier trennt man zwischen dem geistigen und dem körperlichen Christus, zwischen dem irdischen und dem göttlichen, welcher den Körper noch vor der Kreuzigung verließ.
Verschiedene Philosophen wie Bruno Bauer oder Arthur Drews, der besonders von Schopenhauer und Nietzsche beeinflusst war, deuteten die Kreuzigung als Allegorie einer jüdisch-griechischen Mysterien-Erzählung. Hegel und Fichte bewerteten das Evangelium und so auch die Erzählung von Kreuzigung, Tod und Auferstehung Jesu symbolisch, als Dialektik der göttlich-menschlichen Entfremdung und als Personifikation eines moralischen Gesetzes. Angriffe auf das Kreuz hat es mithin vielfach gegeben und oft kamen sie aus der akademischen, ursprünglich christlichen Theologie und Philosophie selbst. Immer zielten sie auf den Wahrheitsgehalt und die Grundfeste des Christentums selbst und immer zielen und zielten sie auf das Kreuz.
Zweifel am Kreuz aus dem Inneren der Kirche
Angriffe auf das Kreuz sind also nicht neu und fast so alt, wie das Christentum selbst. Schon der heilige Apostel Paulus musste sich damit auseinandersetzen. Weniger erwartbar ist es, wenn diese Angriffe von Orten des christlichen Glaubens selbst ausgehen, die diesen eigentlich bewahren, weitergeben und betend vertiefen sollen. Bruder David, Benediktiner-Mönch in der kleinen Klostergemeinschaft Cella St. Benedikt, betreibt einen YouTube Kanal mit der Bezeichnung „Höhenrausch – tiefgründig spirituell“. In einem Beitrag, der vor etwa einem Jahr veröffentlicht wurde, spricht Bruder David von Jesus als dem Weisheitslehrer, der uns die Zusammenhänge dieser Welt aufzeige und uns lehre, wie man ein gutes Leben führen und die Verbindung zu Gott erhalten könne. Jesus sei ein spiritueller Lehrer und Heiler, der uns in die Heilung unserer körperlichen, psychischen und spirituellen Gebrechen führe und uns Gott nahebringe. Christus lehre uns die Befreiung von überholten Regelungen und Traditionen. Und als überholte Tradition, so deutet er an, gilt ihm wohl auch die zentrale Bedeutung der Auferstehung für das Christentum. „Wer weiß das schon…“, ob die Auferstehung wirklich stattgefunden hat? Daher hält er es für „erlösend“, die christliche Botschaft „einmal von dem großen Ereignis Ostern“ zu lösen. Die Erlösung liege in den Worten und Taten Jesu, die leider hinter dem Auferstehungsglauben verschwinden. Um Jesus „richtig“ verstehen zu können, müsse man vom Auferstehungsglauben abstrahieren, sagt er sinngemäß, das Leben Jesu selbst sei Erlösung und eine solche habe es bereits vor dem Auferstehungsglauben und vor der Auferstehung gegeben.
Die Auferstehung im Mittelpunkt
Diese Thesen sind weder neu noch besonders originell und ihnen ist, wie wir uns erinnern können, schon früh an prominenter Stelle widersprochen worden. Der Apostel Paulus weist alle Versuche zurück, den Glauben an Christus vom Glauben an Kreuzestod und Auferstehung zu trennen. Er rückt diesen Aspekt in 1. Kor 15, 14-26 vielmehr ins Zentrum des Christentums und sagt, das alles andere keine Bedeutung habe, seien Tod und Auferstehung nicht die Wahrheit: „Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist all unsere Predigt und euer ganzer Glaube sinnlos. Wir wären Lügner und hätten Gott einen schlechten Dienst erwiesen, wenn wir im Widerspruch zur Wahrheit behaupten würden, er habe Christus auferweckt, wenn er das gar nicht getan hätte, weil Tote nun einmal nicht auferstehen. Wenn Tote nicht auferstehen können, dann hieße das ja, dass auch Christus nicht auferweckt wurde. Und wenn das stimmt, dann macht euer Glaube überhaupt keinen Sinn und euer Glaube ist hohl und nichts wert. Dann sind übrigens auch all die verloren, die schon im Vertrauen auf Christus gestorben sind. Und wenn wir nur in unserem irdischen Leben auf Christus hoffen, dann sind wir ohnehin die armseligsten Gestalten auf Erden. Doch – Gott sei Dank – Christus ist von den Toten auferstanden – und zwar als erster von allen Verstorbenen.
Der Tod kam durch einen einzelnen Menschen in die Welt, und die Auferstehung von den Toten kommt auch durch einen einzelnen Menschen: durch Adam müssen alle sterben – durch das, was Jesus Christus getan hat, werden alle Menschen wieder lebendig gemacht.“
Selbstverständlich war Christus nicht zuletzt auch ein geistiger Lehrer, der uns einen spirituellen Lebensweg gelehrt hat. Er weist aber auch immer wieder darauf hin, dass im Zentrum dieses Weges der Glaube an die heilsgeschichtliche Bedeutung seines Lebens steht. Und diese ist untrennbar mit dem Opfer am Kreuz, Tod und Auferstehung verbunden. Jesus hat damit Hingabe und Demut bis ins Letzte gezeigt, in einer Weise, die unnachahmlich ist. Wenn Jesu Bedeutung primär als spiritueller Lehrer gesehen wird, dann unterscheidet ihn das nicht sonderlich von anderen geistigen Lehrmeistern, etwa von Buddha, der auch einen dezidiert kontemplativ-spirituellen Lebensweg gelehrt hat. Christus indes ist „das Lamm, dass die Sünde der Welt hinwegnimmt“ (Johannes 1, 29). Der durch die Sünde von Gott prinzipiell getrennte Mensch benötigt das Opfer des Gottes-Sohnes selbst, um von dieser Sünde befreit zu werden. Es liegt mithin ein Befreiungsakt in Christus Kreuzestod, den wir selbst gar nicht bewerkstelligen können. Nicht ein besonders spiritueller Lebensweg ist die Voraussetzung dieser Befreiung, sondern das Kreuzesopfer Christi. Das unterscheidet den Erlösungsglauben des Christentums beispielsweise vom Glauben an die Selbsterlösung durch einen spirituellen Lebensweg im Buddhismus. Das, was „tiefgründig spirituell“ verkündet, unterscheidet sich daher nicht sonderlich von der buddhistischen Lehre. Vielleicht ist das sogar intendiert. Im Christentum befreit erst das Selbstopfer Gottes den Menschen aus seiner fatalen auf den Tod zuführenden Lage und macht ihn damit frei für einen persönlichen, spirituellen Weg der Heiligung auf Gott hin.
„Christus ist erstanden von den Toten und hat zertreten im Tode den Tod, und denen in den Gräbern das Leben gebracht“, heißt es in dem Ostertroparion der Ostkirche. Warum hat Christus seinen Leib für uns gegeben und sein Blut für uns ergossen? Weil wir ohne diese Hingabe verloren wären, gefangen im Tod, gefangen im Hades. Wir könnten noch so tiefgründig spirituell leben, ohne Christi Kreuzesopfer bliebe das alles diesseitig, bezogen auf vielleicht ein bisschen erfüllteres Leben, aber in der Welt verhaftet. Möglich, dass es, aus einer, dem Zeitlichen verhafteten Perspektive, bereits zuvor Erlösung gegeben hat. Dann aber war es nach christlicher Auffassung eine prospektive Erlösung auf das Kreuz hin, wie auch das alttestamentarische Heilsgeschehen nach christlicher Auffassung immer auf Christus verweist. Ein Christus ohne Kreuz ist ein Lebensratgeber, ein spiritueller Lifestyle-Pädagoge, wie es zahlreiche andere gibt.
Zentrales Erlösungsmysterium
Und aus diesem Grund wäre es, anders als „tiefgründig spirituell“ insistiert, wirklich schlimm, wenn Christus nicht wahrhaft auferstanden wäre. „Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“, sagt Christus (Markus 10, 45) Lösegeld? Wofür? Für uns Menschen, die wir die Protagonisten einer gefallenen Welt sind, die sich nicht selbst befreien kann. Eine eindrucksvolle Beschreibung der Bedeutung des Kreuzesopfers zeigt die Anastasis-Ikone, die sogenannte Auferstehungsikone. Christus steht in leuchtende Mandorla gehüllt vor den von ihm zerbrochenen und zertretenen Türen der Hölle und zieht Adam und Eva mit kräftiger Geste aus ihren Gräbern. Daneben Johannes der Täufer und Gerechte aus dem alten Testament wie König David und Salomo. Sie alle sind von Christus befreit worden. In dieser Ikone verdichtet sich die Auferstehungsbotschaft. Selbst die Gerechten aus Gottes Volk bedurften der Befreiungstat Christi.
Nirgendwo in der Botschaft des Evangeliums ist davon die Rede, dass es Erlösung ohne Tod und Auferstehung gibt. Erst Christus zieht die Menschheit aus dem Zustand des Todes in die neue Schöpfung. Christus steht auf dem Tod und tritt ihn nieder. Und so ist die Auferstehung sowohl ein historisches Ereignis als auch das zentrale Mysterium der Erlösung. Sie ereignet sich durch Christus für die ganze Menschheit.
Beten um die (persönliche) Rückkehr zum Kreuz
Natürlich kann man das anders sehen. Man kann Christus zu einem Sozialarbeiter, zu einem Sozialrevolutionär oder zu einem spirituellen Lehrer, zu einem Lifestyle-Coach herunterstilisieren. Das ist alles möglich und das geschieht auch. Nur wenn man das tut, dann hat man sich vom Kanon des christlichen Glaubens verabschiedet. Das trägt in der Tat gnostische Züge, man glaubt, etwas besser oder doch zumindest klarer erkannt zu haben als ganze Konzile und die Kirchenväter. Oft steht dahinter die Motivation, etwas modernisieren zu wollen, etwas vermeintlich nicht mehr Zeitgemäßes neuen wissenschaftlichen oder soziokulturellen Erkenntnissen anpassen zu müssen. Das wäre ein Kapitel für sich.
Warum schreibe ich so ausführlich über diesen Beitrag von Bruder Davids „Höhenrausch – tiefgründig spirituell“ Kanal? Nicht zuletzt, weil ich jahrelang regelmäßiger Besucher der Cella St. Benedikt war und mir dieser Ort sehr am Herzen lag. Persönlich denke ich, dass sich natürlich jeder und jede selbst sein Bild von Christus machen kann. Ich finde aber auch, dass aus einem Kloster eine derartige Botschaft, die grundlegende christliche Glaubenselemente infrage stellt, nicht kommen sollte. Jedes „ich weiß nicht so genau“ und „die Auferstehung ist doch gar nicht so wichtig“, verunsichert die Menschen und führt sie vom christlichen Glauben und von der Kirche weg. Wenn die Auferstehung nicht so wichtig ist, dann ist es auch nicht so wichtig und in das individuelle Belieben gestellt, ob man an Christus, Mohammed, Buddha, Konfuzius oder irgendwelche esoterischen Weisheiten glaubt. Und warum sollte man dann ausgerechnet christlich beziehungsweise gar katholisch sein? Christus sagt uns aber, dass das nicht beliebig ist. Christus sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Johannes 16, 6) Christus sagt also, dass der Glaube an ihn und sein Befreiungswerk heilsnotwendig ist. Und vor diesem Hintergrund haben geweihte Menschen, und dazu gehören auch Mönche und Nonnen, also Ordensleute, eine pastorale Verantwortung. Wenn zudem der Leidensweg Christi, sein Kreuzessopfer und sein Sieg über Tod und Sünde und der Glaube daran heilsnotwendig sind, dann muss ich mir ernsthafte Sorgen um Bruder David machen. Verurteilen wir ihn also nicht, weil er zentrale Prämissen des Christentums anzweifelt oder in Abrede stellt, sondern beten wir dafür, dass er zum Kreuz zurückkehrt!
(Niederalteich 19.04.2025)
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