Außer den Israelis selbst weiß derzeit fast die ganze Welt, was das Beste für Israel, Palästina und den Nahen Osten wäre, um den dort seit Jahrzehnten andauernden blutigen Konflikt zu lösen: Die Zweistaatenlösung! Man müsse endlich anfangen, konkreter über den Prozess der Zweistaatenlösung zu sprechen, trägt unter anderen der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell vor. Auch Deutschlands Außenministerin und damit Repräsentantin der deutschen Staatsräson, Annalena Baerbock, ist selbstverständlich im Zwei-Staaten-Club: Das wäre überhaupt die einzige Lösung, echot sie auf US-Präsident Joe Biden, der schon 2023 verlauten ließ, dass dies seiner Auffassung nach der einzige Weg für eine dauerhafte Sicherheit Israels und der Palästinenser sei.
EU-Staaten belohnen Terror!
Norwegen, Spanien und Irland haben auf diesem Weg politische Fakten geschaffen, offiziell einen „palästinensischen Staat“ anerkannt und so der Hamas nach ihrem Massaker an der israelischen Zivilbevölkerung einen veritablen politischen Erfolg beschert. Terror lohnt sich“, ist die implizite Botschaft dieser diplomatischen Mission, wird doch die Anerkennung als politisches Statement gegen Israel verstanden und soll ein solches wohl auch sein. Die Anerkennung sei ein politisches Signal an Netanjahu, der eine Zweistaatenlösung seit Jahren verweigere, kommentiert etwa der deutsch-israelische Historiker Meron Mendel in der „taz“ den politischen Affront gegen Israel.* Netanjahu wird dafür verantwortlich gemacht, dass man gegen das Einverständnis Israels eine vermeintliche Lösung herbeizwingen will, für die es realiter in der gegenwärtigen Situation keine reale Perspektive gibt. Denn für eine Zweistaatenlösung fehlt es sowohl am politischen Willen aller direkt beteiligten Konfliktparteien als auch an den materiellen Voraussetzungen. Kann man im Fall des Anfang des 20. Jahrhunderts als Völkerrechtssubjekt entstandenen „palästinensischen Volkes“ vielleicht noch von einem möglichen „Staatsvolk“ sprechen, so gibt es doch weder ein zusammenhängendes Staatsgebiet noch eine in beiden Landesteilen durchsetzungsfähige Staatsgewalt. Durch ihren neuen Einigungsvorstoß in China haben die palästinensischen Gruppen kürzlich versucht, eine Einheitsregierung zu schaffen. Aber es sollte niemand ernsthaft annehmen, dass Israel eine Zweistaatenlösung mit einer Organisation beschließt, die gerade wahllos 1200 Juden massakriert und den Judenmord fest in ihrem Programm verankert hat. Unter diesen politischen Voraussetzungen bleibt die Zweistaatenlösung eine politische Chimäre, sollte sie als politische Option überhaupt jemals ernsthaft bestanden haben.
Diplomatisches Sperrfeuer gegen Israel
Die politische Situation seit dem Hamas-Massaker an israelischen Zivilisten vom Oktober 2023 ist verfahrener und scheinbar hoffnungsloser denn je, und an diesem desolaten Zustand gibt man mithin in erster Linie Israel und den Siedlern die Schuld. Deshalb werden die diplomatischen Daumenschrauben gegen das kleine Land zwischen Mittelmeer und Jordan fester gezogen. Die zunächst noch bekundete Solidarität mit dem angegriffenen Israel hat sich zu einem internationalen politischen Sperrfeuer gegen das Land gewendet, seit es mit der Realisierung des Zieles, die Terrororganisation Hamas zu zerschlagen, ernst macht. Dabei ist das Pochen auf die Zweistaatenlösung eine der schärfsten Waffen gegen den jüdischen Staat seitens der Palästinenser und ihrer Verbündeten geworden. Alle Versuche, Israel mit militärischen Mitteln zu beseitigen, sind gescheitert. Diplomatische Mittel sind gefragt. Eine „Zweistaatenlösung” kann man endlos ablehnen und dafür immer wieder die Juden verantwortlich machen, deren Angebote erst dann ausreichen werden, wenn sie die Aufgabe jüdischer Staatlichkeit bedeuten.
Scheitern der Zweistaatenlösung
Seit 1948 gab es auf den ersten Blick mindestens zwei erfolgversprechende Versuche für eine Zweistaatenlösung. Einen dritten Vorschlag legte der ehemalige US-Präsident Donald Trump Anfang des Jahres 2020 vor. Jeder der drei Versuche wurde von der palästinensischen Seite abgelehnt, zwei mit Krieg und Terror beantwortet. Im November 1947 beschloss die UN mehrheitlich einen Teilungsplan für das Gebiet Palästina außerhalb des damals ebenfalls historisch zu Palästina gehörenden Staates Transjordanien, der spätestens bis Oktober 1948 umgesetzt werden sollte. Auf dieser Grundlage proklamierte Israel im Mai 1948 seine Unabhängigkeit. Einen Tag später erklärten die arabischen Staaten Israel den Krieg, eine Allianz von Truppen aus Ägypten, Syrien, Jordanien und Irak rückte gegen den neu gegründeten jüdischen Staat vor. Der Angriff endete schon kurze Zeit später mit einer vollständigen militärischen Niederlage der Allianz. Auch die weiteren arabischen Versuche, Israel mittels Terror und militärischer Gewalt zu beseitigen, scheiterten. Dies machte die Gegner des israelischen Staates geneigter, auf Verhandlungen zu setzen.
Im Juli 2000 startete eine scheinbar aussichtsreiche Initiative in Camp David, dem Sommersitz des US-Präsidenten. Der israelische Premier Ehud Bark und Jassir Arafat als Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde verhandelten unter Vermittlung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton über eine langfristige Konfliktlösung unter der Prämisse einer Zweistaatenlösung. Die Verhandlungsrunde, Camp David II genannt, sollte an Camp David I, das sogenannte Oslo-Abkommen, anknüpfen. Hier hatten Israelis und Palästinenser, beziehungsweise die PLO als deren selbsternannte Vertretung, sich gegenseitig anerkannt und auf die Akzeptanz der sogenannten grünen Linie, der Waffenstillstandslinie von 1949, geeinigt. Von der PLO wurde dieses Abkommen allerdings nie ratifiziert.
Die Camp David II Verhandlungen endeten ohne Ergebnis. Barak hatte den Palästinensern unter anderem 90 Prozent des Westjordanlandes angeboten, 10 Prozent, israelische Siedlungsgebiete, sollten an Israel fallen. Zum Ausgleich wurden den Palästinensern Gebiete in der Negev vorgeschlagen. Die Verhandlungen scheiterten rund 20 Tage später am Nein Jassir Arafats. Die Hauptgründe dieses Scheiterns werden im Wesentlichen im umstrittenen Status Ostjerusalems und insbesondere im für Israel inakzeptablen „Rückkehrrecht” der 1948 geflohenen und vertriebenen arabischen Bevölkerung und deren Nachkommen gesehen. Hier hat sich die Zahl der als „palästinensische Flüchtlinge” gezählten Menschen inzwischen mehr als versechsfacht. Hatten im Jahr 1948 rund 700.000 Menschen im Kontext der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der arabischen Allianz ihre Heimatregionen verlassen, zählt man heute mit ihren Nachkommen fast sechs Millionen „Flüchtlinge”. Noch immer werden ihnen in den arabischen Ländern, in denen sie leben, die vollen Bürgerrechte verweigert. Sie sollen „Flüchtlinge” – und damit ein arabisches Faustpfand gegen den Staat Israel bleiben.
Terror statt Frieden
Kurz nach Verhandlungsende, im September 2000, nach einem Besuch des israelischen Politikers Ariel Scharon auf dem Tempelberg, entfesselten die Palästinenser die sogenannte II. Intifada, gewaltsame Aufstände in der Westbank und im Gazastreifen, die von zahlreichen Selbstmordattentaten in den israelischen Großstädten flankiert wurden. Die zum Schutz vor dem Eindringen weiterer Terroristen ins israelische Kernland errichtete Mauer zwischen den israelischen und den palästinensischen Siedlungsgebieten führte schließlich zum Aufschrei der israelfeindlichen Kräfte von Rechts bis Links, nicht zuletzt auch in Westeuropa, und schließlich zur Verurteilung des Sperranlagen durch den internationalen Gerichtshof (IGH). Nicht erst hier zeichnete sich eine deutliche israelfeindliche Haltung auf internationalem politischen Parkett ab, indem Israel die einzige effektive Maßnahme zum Selbstschutz verweigert wurde. Wieder einmal zeigte sich, dass man lieber um tote Juden trauert, als den Lebenden das Recht auf Selbstverteidigung zuzugestehen. Israel errichtete die Sperranlagen natürlich trotzdem und beendete damit die Terrorserie im Land. Doch der mühsame Friedensprozess war durch diese Ereignisse quasi Makulatur geworden. Im August 2005 ließ der inzwischen zum israelischen Premierminister gewählte und eigentlich als Hardliner geltende Ex-General Ariel Scharon alle israelischen Siedlungen im Gazastreifen räumen und die israelischen Streitkräfte aus dem Gebiet abziehen. Wer jetzt auf die Entstehung eines palästinensischen prosperierenden „Singapur” gehofft hatte, wurde bitter enttäuscht. Die im Gaza-Streifen herrschenden palästinensischen Gruppen haben es in 18 Jahren nicht geschafft, eine funktionierende Infrastruktur, Strom- und Wasserversorgung sicherzustellen. Für beides sorgt im Wesentlichen Israel. Schon ein Jahr nach dem israelischen Abzug kam es zu ersten bewaffneten Konflikten zwischen der Hamas und der PLO-Organisation Fatah. Nach blutigen Scharmützeln übernahm die Hamas im Jahr 2007 vollends die Macht im Gazastreifen und verwendete die nicht gerade spärlich fließenden Gelder aus internationalen Hilfsfonds zur Errichtung einer Terror- und Raketenabschussbasis für ihre Angriffe auf Israel.
Israel hat gelernt: Rückzug bedeutet Krieg
Die Israelis haben daraus gelernt: Abzug bedeutet Krieg, nicht Frieden. Die Bereitschaft zur Umsetzung einer Zweistaatenlösung wird dadurch nicht beflügelt. Das hat der von vielen in Westeuropa gescholtenen Rechtsregierung unter Netanjahu wesentlichen Auftrieb gegeben. Ein Großteil der Israelis will vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen jetzt und auf unabsehbare Zeit keine Zweistaatenlösung. Und es dürfte sich gezeigt haben, dass die Palästinenser sie auch nicht wollen. Sie wollen ein arabisches Palästina, „from the river to the sea”, also vom Fluss Jordan bis ans Mittelmeer, eine Einstaatenlösung ohne ein Israel, wie es auch ihre Anhänger in den USA und in Westeuropa, insbesondere nach dem Massaker von 07. Oktober 2023, immer wieder sehr laut und vernehmlich skandieren. Dabei setzt die Hamas auf Terror pur, die Fatah im Westjordanland neben der Goutierung von Terroranschlägen auch auf Verhandlungen. Das ist der Unterschied zwischen „radikal” und „gemäßigt”.
Sicherheitsgarant für Israel sind die IDF
Die Protagonisten des (politischen) Islam betrachten ganz Palästina als islamisches Gebiet. Im Jahr 639 wurde es von arabischen Heeren erobert und gehörte bis dahin zum oströmischen Reich. Die Römer nannten das Land Palästina, um dessen jüdisches Erbe in Vergessenheit geraten zu lassen und letztlich auszulöschen. Von dem, aus historischer Perspektive relativ kurzen, Intermezzo durch die christlichen Kreuzfahrer stand es über 1000 Jahre unter muslimischer Herrschaft, wiewohl ein Großteil der Einwohner dieses Landstrichs weiterhin jüdisch und christlich war. Der Umstand der muslimischen Herrschaft indes begründet aus muslimischer Perspektive einen unabweisbaren Anspruch auf dieses Gebiet, der zu keiner Zeit aufgegeben, sondern höchstens zeitweilig aufgrund der aktuellen Kräfteverhältnisse ausgesetzt werden kann. Daran würde auch ein palästinensischer Staat neben einem jüdisch-israelischen nichts ändern. Die Sicherheit Israels wird nicht primär durch Abkommen, sondern durch die Stärke und die Überlegenheit der israelischen Streitkräfte IDF garantiert. So wie eine zum Islam übergetretene Person nach dem Gesetz der Scharia immer ein Muslim bleibt und der Abfall theoretisch die Tötung des Betreffenden heraufbeschwört, so bleibt auch ein einmal muslimisch gewordenes Gebiet nach traditionell islamischer Auffassung immer muslimisch. Palästina gilt darüber hinaus als sogenanntes Waqf-Land, als eine den Muslimen vermachte religiöse Stiftung, das weder ganz noch teilweise aufgegeben werden darf. Am deutlichsten formuliert und repräsentiert die Hamas diesen Anspruch und betrachtet diplomatische Bemühungen als sinnlose Zeitvergeudung. Einzig der Djihad könne das Palästina-Problem lösen. Und so haben die Palästinenser mehrfach deutlich gemacht, dass eine Zweistaatenlösung letztlich für sie keine Option ist und die Forderung danach allenfalls taktischer Natur sein kann.
Ende der Zweistaatenlösung
Spätestens seit dem Hamas-Massaker in Israel glaubt sowohl auf israelischer als auch auf palästinensischer Seite kaum noch jemand ernsthaft an eine Zweistaatenlösung. Die Palästinenser mögen aus taktischen Gründen daran festhalten, auf israelischer Seite dürfte nun auch den Wohlmeinenden klargeworden sein, dass mit den Palästinensern keine zwei Staaten zu machen sind. Nur die westliche Diplomatie versucht noch, den politischen Leichnam irgendwie wiederzubeleben. Doch daraus wird nichts werden! Was heißt das für einen neuen Friedensprozess und wie könnte ein Weg dorthin aussehen? Klar ist: Jede mögliche Verhandlungslösung ist nur so gut, wie die israelischen Streitkräfte ihre Umsetzung durch militärische Stärke beglaubigen und sicherstellen können. Wie es den Menschen in Israel ergeht, wenn die militärisch flankierte Wachsamkeit nachlässt, hat die Hamas am 7. Oktober 2023 demonstriert.
Voraussetzungen für den Frieden
Eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine Konfliktbeilegung ist die Lösung der sogenannten Flüchtlingsfrage. Diese Lösung muss von den arabischen Staaten ausgehen. Die Nachkommen der im Jahr 1948 in die arabischen Nachbarländer des damaligen Gebietes Palästina geflohenen Menschen müssen endlich die vollen Bürgerrechte in den Ländern bekommen, in denen sie seit mehreren Generationen leben. Solange man ihnen die Bürgerrechte weiterhin verweigert, heißt das, dass man sie weiterhin als Faustpfand gegen Israel missbrauchen will. Auch in West- und Osteuropa hätte es keine Einigung Deutschlands mit Polen und Tschechien geben können, wenn man die nach Kriegsende im Jahr 1945 vertriebenen und geflüchteten Menschen nicht nachhaltig in die Bundesrepublik Deutschland integriert, sondern eine prekäre Rechtsstellung für die Aufrechterhaltung der Forderung nach Wiederherstellung der Vorkriegsgrenzen festgeschrieben hätte. Israel hat rund neun Millionen Einwohner. Knapp 2 Millionen davon sind Araber. Kämen knapp sechs Millionen Araber hinzu, so würde das die demografische Struktur nachhaltig verändern und den jüdischen Charakter des Landes infrage stellen. Die Forderung nach dem „Rückkehrrecht für die Flüchtlinge” ist damit ein demografisches Instrument zur Destabilisierung Israels. Das wissen auch die Palästinenser. Offiziell pochen sie auf eine Zweistaatenlösung unter Konditionen, die Israel mittelfristig zerreißen würden. Auch darum ist die Zweistaatenlösung tot und darum sollte nach Beendigung des Gaza-Krieges über Alternativen nachgedacht werden.
Die Frage dabei ist, ob es für Gazastreifen und Westjordanland eine gemeinsame Lösung geben muss beziehungsweise überhaupt geben kann. Seit den bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen Hamas und Fatah im Jahr 2007 können beide Gebiete derzeit nicht als eine politische Einheit betrachtet werden. Ob sie es jemals wieder werden, ist fraglich. Die israelische Regierung steht auf dem Standpunkt, die militärische Kontrolle über den Gazastreifen behalten zu wollen, was nach ihren Erfahrungen der letzten rund 20 Jahre verständlich ist. Die Autonomiebehörde wiederum lässt verlauten, dass sie die Kontrolle über den Gazastreifen übernehmen würde, wenn es eine Verhandlungslösung mit Israel gäbe. Wie man sich eine solche Lösung vorstellt, lässt sich am Scheitern von Camp David II mehr als erahnen. In den 2020er Jahren machten der Knesset-Abgeordnete Arieh Eldad sowie der US-amerikanische Autor Daniel Pipes den Vorschlag einer sogenannten Dreistaatenlösung. Ägypten solle im Gazastreifen die Kontrolle übernehmen und den dort lebenden Menschen die ägyptische Staatsbürgerschaft verleihen, das Westjordanland in weiten Teilen an Jordanien fallen. Ein probater Vorschlag, der indes weder bei den palästinensischen Arabern noch bei den beiden genannten Staaten auf große Gegenliebe stieß. Doch mit dem Nein von Arafat in Camp David und dem Einsetzen der palästinensischen Gewalt im Anschluss daran – und nicht zuletzt mit dem Massaker vom 7. Oktober 2023 haben die Palästinenser eine sogenannte Zweistaatenlösung (vorerst) verspielt und signalisiert, dass mit ihnen wohl derzeit kein Staat zu machen ist. Es sollte daher keine Denkverbote in andere Richtungen geben.
*Hagmann, J. (2024, 29. Mai). Meron Mendel über Anerkennung Palästinas: „Ein Staat ist unausweichlich“. TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH. https://taz.de/Meron-Mendel-ueber-Anerkennung-Palaestinas/!6010329/
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