Am Sonntag haben wir das Fest der Erscheinung des Herren gefeiert, ein epochales Ereignis, das festgefahrene und verkrustete VerhĂ€ltnisse durcheinander bringt: Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind. Dieses Ereignis und seine Folgen werden MĂ€chtige in Angst und Schrecken versetzen und nicht zuletzt immer wieder auch an den Grundfesten der Kirche selbst rĂŒtteln. Eine Kirche in apostolischer Nachfolge , die sich aber ihrerseits oft zur weltlichen Machtinstitution entwickelt hat und mithin immer wieder erneuern, beziehungsweise zu sich selbst zurĂŒckkommen muss.
Er stĂŒrzt die MĂ€chtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Denn die Kirche und der Geist der apostolischen Ăberlieferung bringen immer wieder selbst das Aufbegehren gegen Macht und Gewalt hervor. Die Subordinierten, Erniedrigten werden gleichzeitig zu Protagonisten der Geschichte, zu den Subjekten der Befreiung. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lĂ€sst die Reichen leer ausgehen. In einem KĂŒstenstreifen am Mittelmeer haben sich der jĂŒdische Befreiungsdiskurs des Exodus und die inneren und Ă€uĂeren WidersprĂŒche auf eine Art und Weise antagonistisch verdichtet, dass derartige revolutionĂ€re Impulse entstehen können: bis dato scheinbar unverrĂŒckbar scheinende HerrschaftverhĂ€ltnisse werden desartikuliert â infrage gestellt â die Elendsten und Niedersten zu den Hauptfiguren der Heilsbotschaft erhoben. Noch richtet sich das Manifest der Ankunft Christi an jene, die allein den einen Gott, Gepriesen Sei Sein Name, verehren, an Juden. Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unseren VĂ€tern verheiĂen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig. Bald schon wird es jedoch universell. Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht ĂŒber alle, die ihn fĂŒrchten. Transzendenz reinkarniert sich durch eine Frau. FĂŒr jene Zeit vor 2000 Jahren allein das schon revolutionĂ€r.
âSeid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht:
Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein,
sondern er entĂ€uĂerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.
Sein Leben war das eines Menschen; er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott ĂŒber alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der gröĂer ist als alle Namen,
damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu
und jeder Mund bekennt: âJesus Christus ist der Herrâ â zur Ehre Gottes, des Vaters.â
Mit der Geburt von Jesus Christus und durch seine Botschaft â mithin im Akt der Fleischwerdung Gottes â ist ein Emanzipationsprozess eingeleitet worden, der auf die Befreiung der Menschen zielt, und zwar sowohl in ihrer sozialen als auch in ihrer spirituellen Existenz, in ihrer Eigenschaft als zunĂ€chst verlorene â weil todgeweihte und schuldbeladene Individuen â als auch in ihrer sozialen Dimension als unterdrĂŒckte und geknechtete Wesen. Diese Botschaft ist prĂ€sent sowohl in der VerkĂŒndigung Christi als auch in seinem Leben und Leiden selbst, in seinem âEngagementâ fĂŒr uns und die Welt und in der Art seines Todes. Christus ist den Leidensweg der Menschen gegangen, aber daraus ist nicht Zerstörung sondern gleichsam Hoffnung und Versprechen entstanden: Nein, ihr seit nicht verloren, denn ihr werdet wieder aufstehen, nein, das Elend wird nicht immer wĂ€hren, die Befreiung ist möglich â das âReich Gottesâ â im Himmel und auf Erden, eine Ăberwindung von Ausbeutung und UnterdrĂŒckung. Dies ist die epochale Botschaft, aus der sich objektiv nicht zuletzt auch die AufklĂ€rung gespeist hat, auch wenn ihre Protagonisten zu oft den Atheismus predigten. AufklĂ€rung wurde auch aus dem Christentum geboren.
Mit der Geburt Christi ist ein Licht in die Welt gekommen, das seit 2000 Jahren leuchtet und vielen Menschen Mut gemacht und Kraft gegeben hat, sich und die VerhĂ€ltnisse zu verĂ€ndern. Es in uns leuchten zu lassen, bedeutet Vertrauen zu haben in die Kraft der Liebe und VerĂ€nderung. Dies ist eine Herausforderung, der man sich wohl immer wieder neu stellen muss. Und es impliziert eine Form von Vertrauen, die eben nicht das sich stille FĂŒgen ist, sondern gleichsam eine Form von Engagement und VerĂ€nderung aus Liebe fĂŒr die Menschen und die Welt. Christus gibt uns ein Beispiel davon.
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