In Mainz leitete die 60. Ordentliche Synode des Katholischen Bistum der Alt-Katholiken die Abschaffung des Ehesakraments ein
Die Synode hat getagt. Am letzten Sonntag dem 2. Oktober 2016 ging in Mainz die 60. Bistumssynode der Alt-Katholiken zu Ende. Obwohl ich persönlich nicht teilgenommen habe, konnte ich mich in den letzten Tagen dank der sozialen Medien einigermaßen auf dem Laufenden halten.
Synode und Demokratie
Auf unsere Synodalität sind wir Alt-Katholiken besonders stolz. Gern wird Synodalität als Beleg für die eigene Fortschrittlichkeit und Modernität gegen den rückständigen römischen Zentralismus in Stellung gebracht. Synodalität, das bedeute: nicht Papst und Kurie gebieten darüber, was in der Kirche passiert, sondern das Kirchenvolk selbst bestimme, wo es lang geht. Dabei wird oft betont, dass Synodalität keineswegs vergleichbar mit politischer Demokratie sei. Synodalität beruhe auf dem Prinzip der Konsensbildung, am Ende sollte sich jeder und jede irgendwie in dem Ergebnis wiederfinden können. Doch das ist, wie ich aus eigener leidvoller Erfahrung weiß, oft nicht mehr als ein frommer Wunsch. Wenn es drauf ankommt, wird abgestimmt. Und dann zählt, was ausgezählt wird. Wer die meisten Stimmen bekommt, setzt sich durch. Jeder, der oder die schon einmal an so einer alt-katholischen Synode teilgenommen hat, wird das bestätigen können. Und auch, dass es dort mitunter nicht viel freundlicher zugeht, als beispielsweise im deutschen Bundestag.
Synodalität in der Kirchentradition
Die synodale Kirchenverfassung der Alt-Katholiken wird unter anderem mit der Synodalität in der alten Kirche begründet. So wird etwa darauf verwiesen, dass es bereits im ersten christlichen Jahrtausend mancherorts eine direkte Mitbestimmung des einfachen Kirchenvolkes gegebenen habe.
Der emeritierte Lehrstuhlinhaber am alt-katholischen Seminar der Universität Bonn, Günter Eßer, hat in einer Diskussionsrunde nach einem seiner Vorträge über die alt-katholische Kirche bestritten, dass die alt-kirchliche Synodalität vergleichbar sei mit der heute üblichen Form der synodal-demokratischen Kirchenstruktur bei den Alt-Katholiken. Und doch hat es wohl noch im Frühmittelalter Formen beispielsweise der direkten Bischofswahl durch das Volk gegeben, die später zugunsten einer Ernennung durch Domkapitel oder Papst beseitigt wurden. Der Historiker Rainald Becker von der Universität München schreibt:
Grundsätzlich war die Bischofserhebung eine innerkirchliche, staatsfreie” Angelegenheit. Unter dem Einfluss der Gregorianischen Kirchenreform (Papst Gregor VII., reg. 1073-1085) bildete sich das Prinzip der freien kanonischen Wahl (electio canonica libera) durch die Gemeinde (“Klerus und Volk”) als maĂźgebliche kirchenrechtliche Norm aus. Im Hoch- und Spätmittelalter – insbesondere mit den konkordatären Vereinbarungen des 12. und 15. Jahrhunderts, aber auch in der kirchenrechtlichen Entwicklung (etwa auf dem IV. Laterankonzil von 1215) – gestaltete sich das Verfahren weiter aus. Die Domkapitel sicherten sich – bei ZurĂĽckdrängung von Klerus und Volk – das alleinige Bischofswahlrecht (eligendi potestas).
Vor dem Hintergrund der mancherorts praktizierten direkten Bischofswahl noch im Frühmittelalter lässt sich Synodalität durchaus mit einiger Berechtigung auch aus der Tradition der Kirche heraus begründen. Und schließlich, so wird von alt-katholischer Seite betont, herrsche auch in der orthodoxen Kirche das Prinzip der Synodalität.
Das ist ein gewichtiges Argument, hat sich doch in der Orthodoxie die Struktur und der Glaube der alten Kirche wahrscheinlich am ursprĂĽnglichsten erhalten. Doch die Synodalität in der orthodoxen Kirche ist eine episkopale, auch wenn bei der Ernennung der Bischöfe bestimmte plebiszitäre Berufungszeremonien noch auf die altkirchlichen Mitwirkungsrechte des Kirchenvolkes hindeuten. Allerdings wĂĽrde es in der orthodoxen Kirche niemandem einfallen, einem kirchenrechtlichen Laiengremium die Abstimmung ĂĽber zentrale Glaubensfragen, wie etwa die Ordination von Frauen zu “Priesterinnen” oder die Frage der Sakramentalität kirchlicher Handlungen, zu ĂĽberlassen, wie es bei den Alt-Katholiken ĂĽblich (geworden) ist.
Synodenentscheidung zur Frauenordination? Null, nada, nichtig!
Die Entscheidung über Glaubensfragen durch ein Laiengremium kann niemals katholisch sein. Hat doch Christus nach katholischer Auffassung seinen Aposteln selbst den Auftrag zur Verkündigung und Bewahrung des Evangeliums und zur Spendung von Heilszeichen – wie der Sündenvergebung – gegeben. Und die haben ihn seither durch Gebete und Handauflegung an die Ältesten (bald schon Bischöfe und Priester), an speziell berufene Nachfolger mithin, weitergegeben. Nur wenn dieser spezielle Auftrag abgestritten wird, wie im Protestantismus, kann das Befinden über Glaubensfragen zur Sache der Allgemeinheit werden
Dafür gibt es möglicherweise einige Argumente (die ich allerdings nicht teile), nur katholisch ist das dann nicht mehr. Aber man zwingt ja auch niemanden, katholisch zu sein. Nur sollten nicht die Ergebnisse solcher protestantischer Gepflogenheiten als katholisch ausgegeben werden. Aus katholischer Perspektive ist beispielsweise der alt-katholische Synodenbeschluß aus den 1990er Jahre zur Frauenordination gar nicht gültig: Null, nada, nichtig!
Homosexuelle Partnerschaften und Ehesakrament
Womit wir endlich bei der am letzten Sonntag zu Ende gegangenen 60. Bistumssynode in Mainz angekommen wären Dort sollte es diesmal unter anderem um die Frage nach dem Sakrament der Ehe für homosexuelle Partnerschaften gehen. Bereits bei der vorletzten Synode stand dieses Thema zur Debatte. Bischof Matthias Ring hatte seinerzeit eine Abstimmung darüber verhindern können, das Ganze sollte auf der nächsten Synode wieder auf die Tagesordnung kommen.
Und so stand das Thema Ehesakrament fĂĽr homosexuelle Paare auf dieser 60. Bistumssysnode am letzten Samstag im Mittelpunkt der Diskussion. Es mag sich ja fĂĽr andere Katholiken absurd anhören – aber es gibt, nennen wir es mal: einflussreiche Kräfte bei den Alt-Katholiken, die das ĂĽber kurz oder lang durchsetzen wollen. Zu ihnen gehört unter anderem der neue Lehrstuhlinhaber des Alt-Katholischen Seminars der Universität Bonn, Andreas Krebs. FĂĽr ihn sind Sakramente, wie es in einer Pressemitteilung des Bistums heiĂźt, “ein Beziehungsgeschehen, das seinen Ausgangspunkt in der grundlegenden Beziehungshaftigkeit des Menschen hat”. Sakramente seien Beziehungsereignisse, ein Handeln der Kirche und zugleich ein dynamisches Geschehen.
Ein Beziehungsereignis!?
In meiner katholischen Vorstellung galten Sakramente bisher immer als von Christus ausgehende Gnadenzeichen, worin sich, wie die Kirche sagt, durch Worte und Handeln Jesus Christus selber ausdrĂĽckt und gegenwärtig wird. In einer von dem serbisch-orthodoxen Erzpriester Milan Pejic aus Hannover redigierten Schrift ĂĽber den Glauben der orthodoxen Christen heiĂźt es: “Als ein heiliges Mysterium oder Sakrament bezeichnet man einen sichtbaren rituellen Vorgang, durch den die unsichtbare rettende Kraft – genannt Gottes Gnade (göttliche ungeschaffene Energie) – den Gläubigen wundervolle Gnadengaben schenkt. (…) Gottes Gnade sind Gottes Gaben, die der Vater den Menschen durch den Heiligen Geist um der Verdienste des Sohnes Willen spendet”. Und das heilige Mysterium der Ehe ist “das Mysterium, durch das der Heilige Geist einen christlichen Mann und eine christliche Frau, die vor einem Priester geloben, lebenslang in wechselseitiger Liebe und Treue verbunden zu bleiben, zu einem vereint”.
Andreas Krebs definiert das Sakrament indes neu, indem er es auf ein Beziehungsgeschehen zwischen Mensch und Kirche herunter bricht, bei dem es um “göttliche Wirklichkeit” gehe, “die auf Gleichheit, Einvernehmlichkeit und Verbindlichkeit beruht”. Damit kann er im Prinzip alles, was einvernehmlich ist, zum “Sakrament” erklären. Um denen, die da noch nicht ganz mitkommen, ein kleines ZĂĽckerchen zu geben, kam zwischenzeitlich der Vorschlag auf, man könne ja das Ehesakrament so belassen und dem noch ein “Sakrament des Lebensbundes” hinzufĂĽgen. Es war wiederum der Bischof, der hier davor warnte, vorschnelle Entscheidungen zu treffen und gleichzeitig betonte, das homosexuelle Partnerschaften eben nicht das gleiche seien, wie der Ehebund. Das Ganze ist daher wieder vertagt und einer Arbeitsgruppe ĂĽbergeben worden. Aber die Angelegenheit ist damit nicht vom Tisch. Es gibt bei den Alt-Katholiken eine einflussreiche Fraktion von Modernisten, die das ĂĽber kurz oder lang durchbringen will – und, allen bisherigen Erfahrungen gemäß, auch wird. Dann allerdings wäre es, wie ich meine, endgĂĽltig um die Katholizität der Alt-Katholiken geschehen. Da ist leider kein (päpstliches) Ex Cathedra vor.
No, never, Nein und Amen!
Es gibt in der Schrift mehrere recht eindeutige Textstellen, in der homosexuelle Handlungen verurteilt werden. Man kann jetzt darĂĽber streiten, wie das gemeint ist: ob diese Schriftstellen allein eine zeitgenössische Bedeutung hatten, ob sie lediglich auf ein Verbot homosexueller Promiskuität oder auf den in der griechischen Antike praktizierten Sex mit “Lustknaben” zielten. Am Ende muss das jeder fĂĽr sich allein entscheiden und seinem Gewissen folgen. Und selbstverständlich ist jede Herabsetzung von Menschen mit homosexuellen Neigungen zu verurteilen. Nur eins geht absolut nicht: Aus von der Schrift verurteilten homosexuellen Verbindungen eine sakramentale Gnadengabe zu machen. No! Never! Nein und Amen! Damit wĂĽrde sich die alt-katholische Kirche endgĂĽltig ihrer Katholizität begeben. Wird es soweit kommen? Derzeit sieht es danach aus. Aber vielleicht geschieht ja noch ein Wunder.
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