Ich bin vor einigen Jahren Katholik in der alt-katholischen Kirche in Deutschland geworden. Katholisch zu sein, das bedeutet fĂŒr mich das Bekenntnis zu den katholischen Traditionen in Liturgie und SpiritualitĂ€t, zur apostolischen Sukzession, zum dreifachen Amt in der Kirche und zu den KirchenvĂ€tern, Heiligen und MĂ€rtyrern, die vor uns in der einen katholischen und apostolischen Kirche gewirkt und uns ein Vorbild gegeben haben. Mein VerstĂ€ndnis von Altkatholizismus grĂŒndet sich insbesondere auf das Prinzip des Heiligen Vinzenz von LĂ©rins, dass nichts eingefĂŒhrt werde, âwas nicht ĂŒberall, immer, von allen geglaubt worden ist.â
Wie die VĂ€ter der alt-katholischen Bewegung meine ich, dass es der fundamentale Auftrag des Petrusdienstes ist, âdem Heil der uÌbrigen Diener Gottes zu dienen, die Herde Gottes auf gute Weide zu fuÌhrenâ und als Pontifex Maximus der (katholischen) Christen zu wirken. Insofern bekenne ich mich zum Primat des Bischofs von Rom in der Gemeinschaft der Bischöfe, wie er der gemeinsamen Tradition der Kirche des Ostens und des Westens entspricht. Meinem altkirchlichen VerstĂ€ndnis nach steht der Bischof von Rom nicht ĂŒber, sondern in der Tradition der Kirche. GrundsĂ€tzlich teile ich also die altkatholische Position zu den Problemen des Jurisdiktionsprimats, des Lehramts und der pĂ€pstlichen Unfehlbarkeit in Fragen der Glaubens- und der Sittenlehre.
Ich habe indes das GefĂŒhl, dass sich die alt-katholische Kirche entgegen ihrer altkirchlichen Verantwortung, die sie selbst am Ende des 19. Jahrhunderts fĂŒr sich beansprucht hat, zu oft die Zustimmung von der falschen Seite sucht. Vielleicht liegt der Grund in der geringen Mitgliederzahl und dem BedĂŒrfnis nach mehr Bedeutung
Die alt-katholisch Kirche neigt nicht erst heute dazu, sich dem jeweils herrschenden Zeitgeist anzupassen. Zur Zeit ist LiberalitĂ€t und Toleranz en vogue. Jene in der Kirche, fĂŒr die erkannte Wahrheiten und als richtig erachtete Prinzipien etwas auch gegen den Strom Verteidigungswertes sind, haben es schwer, gelten als konservativ, dogmatisch, ârömischâ, als wĂ€re das etwas Verwerfliches.
Die alt-katholische Kirche misst sich selbst inzwischen mehr und mehr an einer fragwĂŒrdigen ModernitĂ€t: âKirche fĂŒr Menschen heuteâ, lautet ihr Slogan. Gibt es auch eine Kirche fĂŒr die Menschen von gestern? Können wir uns aussuchen, was wir am Evangelium noch fĂŒr zeitgemÀà halten und was nicht? Christsein bedeutet manchmal auch Anstrengung und Schmerz. Das dĂŒrfen wir nicht vergessen
Die Aufgabe der Kirche ist es doch, dass Evangelium zu verkĂŒnden, im Sinne des Evangeliums zu wirken, die Heiligen Sakramente zu spenden, die in 2000 Jahren Kirchengeschichte gewachsenen katholischen Traditionen als Schatz zu bewahren und einen Raum zu öffnen, in dem die Menschen sich zu dem ganz Anderen, dem Dreieinigen Gott in Beziehung setzen können. Die Kirche darf sich jedenfalls nicht an irgendwelchen Moden orientieren, sie hat die Moderne vielmehr kritisch zu begleiten und als ihr Korrektiv zu wirken.
Alt-Katholiken sollten darauf hinwirken, die schmerzlichen Trennungen und Spaltungen in den Gliedern der Einen Heiligen Katholischen und Apostolischen Kirche zu ĂŒberwinden. Das geht nur, wenn wir mit unseren BrĂŒdern und Schwestern in der römisch-katholischen Kirche und in anderen Gliedern der Kirche in apostolischer Tradition, insbesondere in den orthodoxen Kirchen, ĂŒber einzelne unterschiedliche Auffassungen hinweg auch als Teil der einen Heiligen Katholischen und Apostolischen Kirche in Erscheinung treten.
Die Frauenordination ist vor diesem Hintergrund meines Erachtens nach sehr kritisch zu sehen. Frauenordination spaltet die katholischen Kirchen. Das gemeinsame Band der apostolischen Sukzession ist ein hohes Gut, das im SelbstverstĂ€ndnis der katholischen Kirchen verbleibende gemeinsame Element, durch das in der Zukunft vielleicht wieder eine gemeinsamer Eucharistiefeier möglich werden kann. Darf dies durch einseitige Neuerungen aufs Spiel gesetzt werden?. Ăber so grundsĂ€tzliche VerĂ€nderungen wie die Weihe von Frauen zu Priesterinnen kann eigentlich nur ein gesamtkirchliches Konzil entscheiden. Die alt-katholische Kirche sollte daher zunĂ€chst ein Moratorium verhĂ€ngen, dass die Frauenordination solange aussetzt, bis mit den anderen katholischen Kirchengliedern, insbesondere mit der römisch-katholischen Kirche und mit den orthodoxen Kirchen, hierĂŒber ein VerstĂ€ndigungsprozess herbeigefĂŒhrt worden ist. Mir ist schon klar, dass ich damit derzeit auf recht einsamen Posten stehe. Aber nichts Menschengemachtes ist fĂŒr immer. In einigen traditionell orientierten lutherischen Kirchen hat es hier ĂŒbrigens bereits eine Kehrtwende gegeben.
GrundsĂ€tzlich ist es gut, dass dem fundamentalen christlichen Prinzip der Barmherzigkeit in der alt-katholischen Kirche eine groĂe Bedeutung eingerĂ€umt wird, das wir offen sind und nicht ausgrenzen wollen, und auch, das wir die eucharistische Gastfreundschaft gegenĂŒber Christen anderer Konfessionen pflegen. Das darf aber nicht zu Beliebigkeit in den katholischen Traditionen und Ăberzeugungen fĂŒhren.
Insofern halte ich es auch fĂŒr richtig, evangelische und andere getaufte Christen, die an die wirkliche Anwesenheit von Jesus Christus unter den Gestalten von Brot und Wein in der Eucharistie glauben, zur Teilnehme an der Eucharistie einzuladen. Aber, die evangelisch-alt-katholische Konzelebration ist im Grunde solange unmöglich, wie die evangelische Kirche sich in ihrer speziellen und kompromisslosen Auslegung des Laienpriestertums nicht bewegen will.
Wenn wir alles um einer vermeintlichen Toleranz und LiberalitĂ€t willen hinnehmen, stellen wir uns und unsere KatholizitĂ€t letztlich selbst infrage. Wir machen uns unglaubwĂŒrdig vor uns selbst und anderen und geben am Ende unseren Kritikern recht. Ich vermute mal, dass das nicht wenige Altkatholiken in Gewissenkonflikte stĂŒrzt. Es darf nicht alles, was sich dem offiziellen Toleranzedikt entzieht von vorn herein mit einem allgemein internalisiertem Sprechverbot belegt und vom Diskurs ausgeschlossen sein.
Die Kirche und die in ihr Wirkenden sind einzig ihrem Auftrag und der Wahrheit verpflichtet. Anstatt den römisch-katholischen Christen und ihrer Kirche, wie es manchmal geschieht, mangelnde ReformfĂ€higkeit zu attestieren und gute RatschlĂ€ge zu erteilen, sollten sich die Alt-Katholiken bewusst machen, das ihre, respektive unsere Kirche, selbst einer Reform bedarf, einer erneuerten Ausrichtung an den christlichen Mysterien, âan der radikalen Unbegreiflichkeit, Tiefe, Absolutheit des Daseins auf Gott hin in Freiheitâ, wie Karl Rahner es formuliert hat.
Zu diesen Fragen werde ich mich sicher auch zukĂŒnftig an dieser Stelle noch Ă€uĂern. Dabei bitte ich Gott um Demut, um die Gabe, anderen gegenĂŒber auch im Streit immer barmherzig und liebend zu sein, um die Gnade, die Wahrheit zu erkennen und um die Kraft, sie auch ĂŒberzeugend zu vertreten.
Ăbrigens: Sollten sich andere Altkatholiken finden, die meine Positionen teilen, so wĂŒrde ich mich ĂŒber eine Kontaktaufnahme sehr freuen: schorsi.vonbeck(at)web.de
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