Der Alt-Katholizismus und ich

Rückfällig

Ich muss zugeben, dass ich rückfällig geworden bin.
Vor einiger Zeit hatte ich verkündet, mich zukünftig nicht mehr mit den (meiner Auffassung nach) alt-katholischen Verirrungen wie Frauenweihe oder der sogenannten Ehe für alle beschäftigen zu wollen, sondern mit all dem, und damit wohl mit dem Altkatholizismus selbst, innerlich abzuschließen. Ich war seither immer mal wieder auf der Suche nach einer Alternative.

Immer noch da

Doch ich bin immer noch da, wie Bekannte aus der Orthodoxie wohl manchmal mit etwas Befremden feststellen. Das hat verschiedene GrĂĽnde. Einer davon ist die Verbundenheit mit meinem geistlichen Vater, dem Pfarrer meiner Gemeinde, der mich auf meinem Weg zurĂĽck zum Christentum und zurĂĽck zum Glauben in den vergangenen zwanzig Jahren stark geprägt hat und mir bei den vielfältigen Krisen, von denen mein persönlicher Veränderungsprozess nicht zuletzt auch geprägt war, zur Seite gestanden hat. Es ist fĂĽr mich ein Vertrauensverhältnis und damit eine geistliche Beziehung entstanden, die sich nur schwer ersetzen lässt. Vielleicht hat mir nicht zuletzt auch aus diesem Grund bisher der Mut gefehlt, andere Wege zu gehen. Ich bin nach langer Kirchen- und der Glaubensferne vor zwanzig Jahren zurĂĽck zur Kirche gekommen. Auf der Suche nach einer spirituellen Heimat im Umfeld des Katholizismus bin ich auf die Altkatholiken in meiner Heimatstadt gestoĂźen. Der Pfarrer dort hat nie den Schwerpunkt auf modernistische und zeitgeistige Themen gesetzt. Vielmehr ging und geht es um den persönlichen geistlichen Weg zu Christus, um die Erfahrung der Gottwirklichkeit in uns selbst, um Herzens – und Stundengebet, um die Feier der Liturgie in einem wĂĽrdigen Rahmen. Der Pfarrer lehrt und verkörpert eine mystische Form des Katholizismus und ein intensives geistliches Gemeindeleben mit Glaubensinhalten, die ihre Verankerung auch in einer ostkirchlichen Spiritualität haben. In keiner anderen katholischen Gemeinde habe ich das so bisher gefunden. In den zurĂĽckliegenden 20 Jahren sind nicht zuletzt auch Beziehungen zu Gemeindemitgliedern entstanden, auch aus kontroversen Diskussionen heraus. Ende der 2010er Jahre hat die Gemeinde mit einem groĂźen Kraftakt und mit viel persönlichem Engagement des Pfarrers und vieler Gemeindemitglieder eine eigene Kirche gebaut, die durch umfassenden Eigenleistungen im Bauprozess erst möglich geworden ist. Das war eine intensive Zeit und hat diejenigen, die daran beteiligt waren, stark geprägt und zusammengeschweiĂźt. So etwas gibt man, mir geht es jedenfalls so, nicht einfach auf. Die Gemeinde ist damit auch so etwas wie ein familiärer Ort und eine Anlaufstelle geworden, was fĂĽr mich, der ich seit längerem getrennt und allein lebe, persönlich nicht ganz unerheblich ist.
Hinzu kam, dass ich in den orthodoxen Gemeinden, die ich besucht habe, nirgendwo persönlichen Anschluß gefunden habe. Trotz der Schönheit und Erhabenheit der byzantinischen Liturgie sind mir das Umfeld und vielleicht auch die Mentalitäten der Menschen in den Gemeinden eher fremd geblieben. Da, wo sich eine Alternative anbahnte, war letztlich die Entfernung zu groß, um regelmäßigen Kontakt zu halten. In dem orthodoxen Westritus-Kloster, das ich häufig besucht habe, bahnte sich leider schon vor einigen Jahren eine Entfremdung von der Kirche an, inzwischen befindet sich das Kloster wieder vollständig in einem freikatholischen (vagantischen) Status. Und so bin ich immer noch da und habe versucht, mich zu arrangieren, mich nicht von den altkatholischen Verirrungen ablenken zu lassen, sondern mich auf meinen eigenen Glaubensweg zu konzentrieren, Motto: Macht doch was ihr wollt!

Trigger-Alarm und der Weg in den RĂĽckfall

Als ich indes kürzlich auf dass Buch des Lehrstuhlinhabers des altkatholischen Instituts in Bonn, Andreas Krebs, mit dem Titel „Gott queer gedacht“ aufmerksam gemacht worden bin, war ich entsetzt. Die sogenannte Queere Theologie wendet sich gegen die heteronormative Schöpfungsordnung, die Schrift und Tradition eingeschrieben ist. Das ist die eindeutige Position der großen Kirchen, die in der Tradition der einen alten Kirche stehen: der römisch-katholischen Kirche, der orthodoxen und auch der orthodox-altorientalischen Kirchen. Darauf ist der Gedanke von Erlösung und Gnade ausgerichtet und diese Grundlage will die sogenannte queere Theologie von Andreas Krebs und anderen aufbrechen, dekonstruieren.
Dagegen habe ich mich in einem Text gewandt und so bin also rückfällig geworden und habe, entgegen meinem Vorsatz, dem Thema Alt-Katholizismus doch wieder größeren Raum gegeben. Um den Versuch zu unternehmen, in der alt-katholischen Kirche Verbündete zu gewinnen, habe ich den Text dem alt-katholischen Kirchenblatt „Christen heute“ angeboten. Zunächst einmal sagte der Chefredakteur sogar eine Veröffentlichung zu, um die Zusage nach wenigen Wochen zurückzuzielen. Die Begründung kann unter https://notizblaettchen.de/2025/10/14/warum-christen-heute-meinen-beitrag-zur-queer-theologie-nicht-drucken-will/ nachgelesen werden.
Inzwischen bin ich im Prinzip davon ĂĽberzeugt, dass es bei den Alt-Katholiken kaum noch jemanden gibt, der traditionsorientierte Positionen vertritt oder gar verteidigt. Eine, tendenziell gutwillige aber dennoch zeitgeist-affine, alt-katholische Reaktion kann nachgelesen werden unter: https://notizblaettchen.de/2025/10/14/eine-nebensaechlichkeit/ .
Die Alt-Katholiken hatten noch in den 1980er Jahren die Chance, zu einer Westritus-Gemeinschaft innerhalb der Orthodoxie zu werden. Sie haben den anderen Weg gewählt und Gemeinschaft gesucht mit dem Zeitgeist und dem Protestantismus. Den endgültigen Bruch haben sie mit der Anerkennung der sogenannten „Ehe für alle“ in der alt-katholischen Kirche vollzogen. Nachzulesen unter: https://notizblaettchen.de/2021/11/12/ein-x-fuer-ein-u-ehe-fuer-alle-auf-der-alt-katholischen-synode/
Wirklich keine komfortable Situation mehr fĂĽr Traditionalisten.

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“Die katholische Kirche ist erst dann wirklich komplett am Ende, wenn sie sich vollständig protestantisiert hat.”

Horst G. Herrmann

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Vinzenz_von_Lerins Kopie
"In eben jener katholischen Kirche selbst ist mit größter Sorgfalt dafür zu sorgen, dass wir halten, was überall, was immer, was von allen geglaubt wurde. Denn das ist wirklich und wahrhaft katholisch, was, wie der Name und Grund der Sache erklären, alle insgesamt umfasst."
Vinzenz von Lérins
Hl. Johannis von Shanghai
„Nie, nie, niemals lasst euch von irgendwem sagen, dass man, um orthodox zu sein, östlich sein muss. Der Westen war für tausend Jahre voll orthodox, und seine ehrwürdige Liturgie ist viel älter als jede seiner Häresien.“ Hl. Johannes (Maximowitsch), Bischof der ROCOR von Schanghai, Paris und San Francisco (+ 2. Juli 1966).
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