Haarige Thesen zu haarigen Fragen!

Mein Lieblingsrechtsliberaler unter den Bloggern, der Morgenländer, hat sich einmal wieder fĂĽr die freie Markwirtschaft stark gemacht. Diesmal, um sie vor den Angriffen der Sozialisten aller Parteien und den von ihnen verfochtenen Mindestlöhnen in Schutz zu nehmen. Im Speziellen geht es um das Friseursgewerbe. Wenn jetzt ab August 2015 mindesten 8,50 Euro gezahlt werden, sieht Morgenländer zahlreiche Pleiten voraus, die Niedrigpreiskonkurrenz „werde dann ihre Dienstleistungen im unversteuerten Heimbetrieb – vulgo: Schwarzarbeit“, anbieten mĂĽssen. Und „Kunden, die die höheren Preise nicht zahlen können oder wollen, werden entweder darauf verzichten, diese Dienstleistung nachzufragen, oder sie werden die nette arbeitslose Friseurin aus der Nachbarschaft bemĂĽhen“.
Nun ja!? Man muss eigentlich nicht so viele Haare auf dem Kopf haben, um zu erkennen, dass von 3,14 Euro die Stunde – soviel wird zumindest im Osten im Friseursgewerbe als Einstiegslohn vielerorts gezahlt – kein auskömmlicher Lebensunterhalt zu bestreiten ist. So einen Job kann man sich nur leisten,

  • wenn man entweder einen Ehemann respektive eine Ehefrau hat, die einigermaĂźen gut verdient,
  • sein Gehalt zusätzlich mit Sozialleistungen aufstockt,
  • oder man sich eben noch etwas dazu verdient.

Die nette Friseurin aus der Nachbarschaft mit 3,14 Euro Stundenlohn wird also ohnehin schon aufstocken mĂĽssen, und das sehr wahrscheinlich mit ein paar Euro schwarz auf die Kralle. So funktioniert Marktwirtschaft.
Armut schafft Schwarzmärkte. Und, um bei der Ökonomie im Allgemeinen zu bleiben: „Ein Unternehmer wird die Löhne zahlen, die zu zahlen gerade noch profitabel ist.
Zahlt er weniger, muss er fĂĽrchten, dass seine Beschäftigten zu anderen Firmen abwandern; zahlt er mehr, muss er entweder seine Preise erhöhen – wenn er dies am Markt durchsetzen kann – oder mit Verlust arbeiten
“.
Da ist was Wahres dran. Voraussetzung ist natürlich, dass ein Mangel an Arbeitskräften besteht und der Beschäftigte überhaupt zu einem Konkurrenten abwandern kann. Das ist in der Regel aber nicht der Fall. Damit das so bleibt, haben Unternehmen ein Interesse daran, dass immer ein gewisses Maß an Unterbeschäftigung herrscht. Arbeitslosigkeit ist gewissermassen systemimmanent. Richtig, das haben wir doch immer schon gesagt. Marx (NEIN: ich bin kein Marxist!) bezeichnete die Gruppe der Arbeitslosen als „industrielle Reservearmee“. Eine Jongliermasse der Unternehmen, vulgo Kapitalisten, um die Gehälter möglichst gering zu halten und Produktionsschwankungen schnell und billig mit dienstbaren Lohnabhängigen auszugleichen. Um sich im Spiel der Kräfte mit hohen Profiten auf den Märkten halten und behaupten zu können. So funktioniert Kapitalismus. Lieber Morgenländer: Nicht immer nur Adam Smith und Johann Heinrich Thünen, sondern durchhaus ruhig auch mal Karl Marx lesen. An dem gibt es einiges zu monieren. Aber mit Ökonomie kannte er sich ganz gut aus.

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