“Du lästerst gern!” (15)

Lästermaul 1

Vor kurzem sagte ein Kollege von mir einen Satz, der mich etwas erschreckt hat. Die Äußerung betraf mich selbst: “Du lästerst ja ganz gern!” Er meinte das nicht im religiösen Sinn, sondern hinsichtlich meines Verhaltens am Arbeitsplatz, in Bezug auf Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzte.
Lästern, das Wort oszilliert zwischen den Bedeutungen, “schmähen” “sich verächtlich machen”, “sich abwertend äußern”, in einer abgemilderten Form lässt es sich vielleicht noch mit “sich negativ kritisch äußern” übersetzen. Lästern zielt also immer auf eine andere Person beziehungsweise Personen oder auf eine Situation und stellt sie in einen negativen Zusammenhang.
Und das soll auf mich zutreffen?
Ich neige dazu, mich schnell über etwas aufzuregen, wenn ich etwas falsch oder ungerecht finde. Aber allein damit verharmlose ich die Sache wahrscheinlich enorm. Denn das “Lästern” impliziert ja nicht nur die Wahrnehmung von etwas subjektiv Falschem oder Ungerechtem, sondern immer auch das Reden darüber gegenüber Dritten. Ich äußere mich Dritten gegenüber mehr oder weniger negativ über bestimmte Menschen oder das Verhalten von Menschen in speziellen Situationen. In einem Fall betraf das zum Beispiel eine Person, die durch ihre Mitgliedschaft in einer Partei und den daraus erwachsenden Beziehungen über alle Einstellungsverfahren hinweg zu ihrem Arbeitsplatz gekommen ist. Das fand ich furchtbar ungerecht und habe mich hinter vorgehaltener Hand entsprechend herablassend darüber geäußert. Aber spielt dabei nicht immer auch eine Portion Neid mit. Dem oder der anderen ist etwas zugefallen, was ich mir hart erkämpfen musste.
Ja, es stimmt, ich äußere mich häufiger mit subjektiver Wertung über das Verhalten oder die Eigenschaften anderer Menschen, gern auch mit etwas Sarkasmus dabei.
Was sagt das über mich selbst aus. Bin ich eher bei den Fehlern und Verhaltensweisen anderer als bei meinen eigenen? Versuche ich mich aufzuwerten, indem ich mich über andere offen oder subtil kritisch oder verächtlich äußere? Wie weit entferne ich mich dadurch von der Liebe Gottes? Muss ich mich erhöhen, indem ich andere – und wenn auch nur subtil – erniedrige? “Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden” (Lukas 14:11).
Ich muss meinem Kollegen dankbar sein, mich auf dieses Problem aufmerksam gemacht zu haben.

Gütiger Gott, hilf mir, zu erkennen, wenn ich mich erhöhe, indem ich andere herab setze. Hilf mir zu erkennen, was ich selbst damit bezwecke, ohne es mir selbst einzugestehen. Hilf mir, eher das Gute und Positive im anderen Menschen zu sehen. Schenke mir die Kraft zur Offenheit, wenn ich etwas im Verhalten des Anderen falsch finde. Hilf, fähig zu werden, eine Art von Kritik zu üben, woran der oder die Andere wachsen kann und ihn oder sie damit nicht klein zu machen.

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