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Im Jahr 1966 landete das Julian Cannonball Adderley Quintet mit dem Stück Mercy, Mercy Mercy einen Hit in den US-amerikanischen Charts, für einen Jazz-Titel schon zu der damaligen Zeit ein eher ungewöhnlicher Vorgang. Mercy, Mercy Mercy wurde quasi zur Hymne des sogenannten Hardbop-Jazz, zu dessen prominentesten Vertretern der Alt-Saxofonist Adderley gehört. Der Hardbop der 1950er- und 1960er-Jahre gilt musikgeschichtlich als die schwarze Antwort auf die Anpassung des Jazz an den musikalischen Geschmack des weißen Amerikas und in diesem Zusammenhang auch als Antwort auf die Akademisierung des Jazz. Seinen Sound schöpft er aus den expressiven Klängen des Bebops eines Charlie Parker, Dizzy Gillespie und Thelonious Monk, die in den 1940er-Jahren den Jazz revolutionierten. Der Sound des Hardbops sucht seine Identität erneut in den Wurzeln der schwarzen Musik, im Blues und Gospel und eben auch in dessen Spiritualität. Keine Wunder also, dass die Tendenz zur Religiosität schon in einigen Titeln, wie beispielsweise The Preacher oder eben Mercy, Mercy Mercy anklingt.
Es gehört zu den vielen Eigenheiten der Jazz-Musik, dass der „schwarze“ Hardbop entscheidend von einigen wenigen Weißen mitgeprägt worden ist. Mercy, Mercy, Mercy etwa ist eine Komposition des aus Österreich stammenden Joe Zawinuls, der damals im Cannonball Adderley Quintet am Klavier saß. Berühmtheit erlangte das Stück vor allem durch die Liveaufnahme in einem Club in Los Angeles, in dem neben dem damals üblichen Klavier auch ein Wulitzer E-Piano auf der Bühne stand. Der Jazz-Journalist Ralf Dombrowski schreibt in seiner Basis-Diskothek Jazz: „Zawinul entschied sich spontan, das noch relativ junge Instrument statt des üblichen Klaviers einzusetzen, und formte damit nicht nur seinen ersten Hit, sondern auch einen souligen Sound, der bald von zahlreichen Pianisten übernommen und kopiert wurde.“
Für mich gehört Mercy, Mercy, Mercy zu einem der spirituellsten Stücke der Jazzmusik, in dem unsere Bedürftigkeit nach Gnade und gleichzeitig die Dankbarkeit für die Gnade Gottes in besonderer Weise aufscheint. „You know“, so hat Adderley seinerzeit das Stück seinem Publikum vorgestellt,
“sometimes we’re not prepared for adversity. When it happens sometimes we’re caught short. We don’t know exactly how to handle it when it comes up. Sometimes we don’t know just what to do when adversity takes over. And I have advice for all of us. I got it from my pianist Joe Zawinul, who wrote this tune, and it sounds like what you’re supposed to say when you have that kind of problem. It’s called ‘Mercy, Mercy, Mercy’“.
Zu deutsch: „Weißt du, manchmal sind wir nicht auf die Not vorbereitet. Wenn es uns trifft, werden wir kalt erwischt. Wir wissen nicht, wie wir damit umgehen sollen, was zu tun ist, wenn die Not uns befällt. Ich habe einen Vorschlag für uns alle. Er stammt von meinem Pianisten Joe Zawinul, der diese Melodie schrieb. Sie klingt wie das, was ihr sagen solltet, wenn euch diese Art von Problem befällt: ‚Mercy, Mercy, Mercy’“.
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