Zum einen gibt es in der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) insbesondere unter den Lutheranern einige, die den Kurs ihrer Glaubensgemeinschaft beispielsweise in Sachen Liturgie, aber auch hinsichtlich des apostolischen Amtes, nicht gutheißen. Sie wollen mehr Katholizität in der evangelischen Kirche, organisieren sich in evangelischen Kommunitäten unter dem Dach einer Hochkirchlichen Vereinigung, feiern die Lutherische Messe, fordern tendenziell die Anerkennung eines Ehrenprimats des Papstes und lassen sich, teilweise jedenfalls, in orientalischen Kirchen zu Priestern weihen. In der evangelischen Kirche sind sie eher geduldet als erwünscht.
Zum anderen hat die ehemalige, und nicht gerade des Katholizismus verdächtige, EKD-Vorsitzende Margot Käsmann nicht zuletzt hinsichtlich des nahenden 500-jährigen Reformationsjubiläums die Aufhebung der Exkommunikation Martin Luthers gefordert.
Dieser Schuss könnte jedoch schon bald quasi nach hinten losgehen. Denn kein geringerer als der Präfekt der römischen Kongregation für die Glaubenslehre, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller (Rom), hat laut Angaben des papstnahen Informationsdienstes Catholic Culture kürzlich die Möglichkeit eines lutherischen Ordinariats innerhalb der römisch-katholischen Kirche in Spiel gebraucht. Er könne sich so etwas nach dem Modell vorstellen, „wie es der Vatikan Anfang 2011 für Anglikaner eingerichtet habe. Ein Ordinariat ist eine rechtlich selbstständige Teilkirche innerhalb der katholischen Kirche, die neben den territorial festgelegten Bistümern besteht und eigene Gemeinden und Verwaltungsstrukturen hat.“ Auch in Deutschland könnten Lutheraner mit ihren eigenen Traditionen und Kirchenorganen dann wieder Teil der weltweiten römisch-katholischen Kirche sein. Nicht ausgeschlossen, dass eine solche Lösung für die eine oder andere evangelische Kommunität in der Hochkirchlichen Vereinigung (oder die SELK?) sehr attraktiv sein könnte.
Das sind allerdings Perspektiven für eine Ökumene, die sich Margot Käsmann so bestimmt nicht vorgestellt hat. Es sollte also nicht verwundern, wenn es diesbezüglich in Zukunft wieder etwas stiller um sie herum wird.
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